Karl Zäch-Mattle
Karl Zäch war von Beruf Mühlemacher und ab 1879 auch Wirt der von ihm neu gegründeten Wirtschaft 'Schäfle' im Moos.
Das Bild wurde (vermutlich 1901) von Carl Heinrich Baer (1836-1897) in St. Gallen / Altstätten aufgenommen. C.H. Bär fotografierte von etwa 1883 bis 1897. Nachfolger von Johann Konrad Baer.
Quelle: Fotografie (das Bild ist auch in der Chronik der Familie Zäch Mühlemacher auf Seite 17 zu finden).
Vorgänger von Carl August Baer-Imholz (Sohn). Mitglied der Fotografenfamilie Baer.
Bruder von Johann Jakob Bär-Villiger, Johann Konrad Baer und Rosina Meyer-Bär.

Lebenslauf von Karl Zäch, Mühlemacher und später auch Wirt im «Schäfle», Moos
Er wurde am 23.Februar 1845 in dem heute noch bestehenden Mühlemacherschen Haus neben der Wirtschaft «Zum Hecht» im Rehag geboren.
Er besuchte die Primarschule in Oberriet, in der Frei- und Ferienzeit hütete er die Ziegen für die Nachbarn und war Ausläufer bei
Caspar Mattle, im Fergger und Wirt im «Hecht», Rehag.
Kaum der Schule entlassen, musste er schon seinem Vater im Mühlemacherberuf mithelfen, als Ältester der grossen, armen Familie.
Oft musste er mit ins Vorarlberg, Walsertal, Montafon und ins Bündnerland, wohin sein Vater zu Reparaturen von Mühlen und Sägen gerufen wurde.
Natürlich ging's damals nicht etwa per Eisenbahn oder Auto, wie heute, sondern alles zu Fuss, und dazu noch mit einer schweren «Geschirrtrucke» (Werkzeugkiste) auf dem Rücken.
Ein Stück Brot, ein Stück Käse und ein «Schlegel» (Flasche) kalte Geissmilch waren der Tagesproviant für die Reise ins Walsertal.
Gerne erzählte er, wie ihn sein Vater jedesmal auf der Reise aufgemuntert habe, wenn ihn die Werkzeugkiste gedrückt habe und der Mut sinken wollte, mit den Worten:
«Buobli, los da Muat nit sinka, mer wend wieder a bitzli Geissmilch trinka, bald, bald goht jo d'Feri a, womer wieder guet und gnuag z'esse hond!»
Daheim sei halt oft Schmalhans Küchenmeister gewesen.
Hafersuppe und Erdäpfel dazu, daraus bestand meistens die Hauptmahlzeit.
Zwölf sassen am Tisch, aber nur einer verdiente Geld — damals schon eine rechte Aufgabe für einen Vater! — So ging dann die Lehrzeit vorüber.
Er erzählte oft, den ersten Zahltag als Geselle habe er in Landquart (GR) erhalten, und zwar pro Tag Fr. 1.50, dazu Kost und Logis von einem Müller, Nigg mit Namen,
bei dem er auch später, als er selber meisterte, viele, viele Jahre immer wieder gearbeitet habe.
Mehrere Jahre arbeitete er nun mit dem Vater im erlernten Beruf, und als dann die beiden jüngeren Brüder Johann und Albert aus der Schule entlassen wurden, mussten auch sie mit als Lehrlinge.
Im Herbst 1868 erlaubte ihm der Vater, im folgenden Winter oder Frühling in die Fremde zu ziehen, um seine Kenntnisse zu erweitern.
Aber wie es so ging: Der Vater bekam in Eichberg bei Müller Jakob Walt eine grössere Reparaturarbeit an Mühle und Säge, und so hiess es, wieder zu Hause bleiben,
denn mit den beiden Gesellen und dem Lehrbuben allein könne die Arbeit eicht ausgeführt werden.
Nun ging es für einige Wochen nach Eichberg, jeweils vom Montagmorgen bis Samstagabend, und das in die Ferne ziehen blieb aus.
Während dieser Zeit in Eichberg lernte er die Familie Walt gut kennen, speziell den ältesten Sohn Johann, der als junger Müller die Mühle besorgte.
Die gegenseitigen Berufsangelegenheiten einander anvertrauend, wurden die beiden gute Freunde und entschlossen sich, sobald der Umbau fertig sei, miteinander in die Fremde zu ziehen,
um sich, sei es als Mühlemacher, sei es als Müller weiter auszubilden.
Anfangs April war es dann so weit, und laut dem Wanderbuch meines Vaters [aus Sicht des Erzählers Selin Zäch] zogen die beiden Gesellen am 21. April 1869 los,
zu Fuss und mit dem sogenannten «Berliner» auf dem Rücken, über den Stoss St. Gallen zu.
Anderntags ging es weiter nach Goldach, allwo beide in einer Mühle Arbeit bekamen.
Der Vater als Mühlemacher hatte Arbeit bis am 4. Juli 1869 und musste dann wieder weiter.
Er entschloss sich, nach Zürich zu gehen, um in der grossen Mühlebaufirma von Escher, Wyss & Co. Arbeit zu finden.
Walt hätte hingegen als Müller bleiben können, doch er hatte kein Sitzleder und zog ebenfalls nach Zürich.
Der Mühlemacher bekam sofort Arbeit bei obgenannter Firma, Walt hingegen bei der grossen Stadtmühle.
Die beiden hielten treue Kameradschaft, kamen Sonntag für Sonntag zusammen und arbeiteten beide bis Ende April 1870 in Zürich.
Während dieser Zeit fasste Walt den Entschluss, nach Ägypten auszuwandern und drängte den Mühlemacher gar sehr mitzukommen.
Dieser schrieb nach Hause und bat um Rat.
Sofort kam aus dem Elternhaus der Bescheid, er solle in der Schweiz bleiben, es gebe hier Gelegenheit genug, sich in seinem Fach weiterzubilden.
Dazu seien sie daheim auf seinen Lohn dringend angewiesen.
Schliesslich sei es sehr gefährlich, aufs Geratewohl nach Afrika zu ziehen.
Er solle also unbedingt in der Schweiz bleiben.
Auf dieses Machtwort des Vaters hin mussten sich die beiden jungen Gesellen trennen.
Walt reiste nach Afrika und Zäch blieb in Zürich, wechselte allerdings den Arbeitsplatz und kam zur Firma C. Schätti, Mühlebaugeschäft.
Anschliessend zog er nach Schaffhausen und arbeitete bis am 4. September 1871 bei der Firma Rauschenbach, Giesserei und Mühlebaugeschäft.
Am 5. September 1871 reiste er dann im Auftrag dieser Firma als Aushilfsgeselle nach Basel, in eine Motoren- und Turbinenfabrik.
Darauf kehrte er wieder nach Zürich zurück und trat bei der damals grössten Mühlebaufirma der Schweiz seine nächste Stelle an, A. Millot.
Im August 1872 wechselte er die Stelle abermals und kam wieder zu Escher, Wyss & Co, für welche er auf die im Oktober 1872 in Genf stattfindende Maschinenausstellung
die ersten Mahlgänge mit sogenannten Champagnersteinen aufstellen musste und arbeitete dort bis April 1873 im Auftrag dieser Firma.
Sodann kam er wieder zu Millot nach Zürich in die Werkzeugabteilung und blieb bis im September 1875 als Monteur.
Er kehrte nach Hause zurück, da er den Bericht erhalten hatte, dass der Vater schon längere Zeit leidend sei
und die vielen übernommenen Arbeiten mit den zwei Brüdern Johann und Albert und zwei Gesellen nicht mehr ausführen könne.
Im Frühjahr 1876 übernahm er dann vom Vater das ganze Gewerbe und führte es mit den beiden Brüdern und mehreren Gesellen im gleichen Arbeitsgebiet weiter.
Im März 1879 erwarb er dann an der öffentlichen Versteigerung das Wohnhaus der Witwe
Josephina Ammann, Beckes, im Moos, für Fr. 8700.—.
Bei dieser Steigerung reflektierte auch ein Jakob Kluser, Klinabubes, im Moos, auf dieses Haus.
Als es diesem aber wegen zu niedrigem Angebot nicht zufiel, soll er nachher im Zorn mehrmals gesagt haben:
«Du wieder zucha gloffena Mühlemacher, verlumpescht doch vormana Johr und denn kaufis scho, aber viel billiger !»
Vor einiger Zeit soll in diesem Haus auch gewirtet worden sein, von einem Tronninger mit Namen.
Bald nach der Steigerung begannen die Umbauten an dem etwas reparaturbedürftigen Haus.
Am 31. Mai 1879 verheiratete sich mein Vater mit Johanna Mattle von der Mühle im Moos, die von Beruf Näherin war (jetzt sagt man Damenschneiderin)
und zugleich als Nählehrerin an der Primarschule Oberriet angestellt war.
Das junge Ehepaar zog dann ins einigermassen wieder instand gestellte Haus im Moos ein, und beide arbeiteten in ihren Berufen weiter.
Dann reichten sie beim zuständigen Departement in St. Gallen das Gesuch um Bewilligung zur Eröffnung einer sogenannten Pintenwirtschaft ein.
Schon anfangs Juli wurde dem jungen Ehepaar die Bewilligung erteilt und das Patent zuerkannt zur Eröffnung der Pintenwirtschaft zum Schäfle.
Am ersten August-Sonntag, bei herrlichem Wetter und unter den Klängen der damaligen Dorfmusik von Oberriet, der sogenannten Bubaseppler-Musik mit 9 Mann,
fand die Eröffnung mit vielen Gästen statt.
Der gute Humor und die Gastfreundschaft der beiden jungen Wirtsleute machten aus dem «Schäfle» einen Anziehungspunkt.
Dazu kam die günstige Lage für den wachsenden Fuhrwerkverkehr mit vier- bis sechs-spännigen Güterfuhren, Mühlefuhrwerken, Botenfuhrwerken, Turbenfuhrwerken und was da sonst alles verkehrte. Ein Vorteil war der grosse Ausstellplatz, bald auch erkoren zum Füttern der Zugtiere, bevor es den steilen Stich zum «Stampf» bei der Säge hinaufging.
Hier konnten Ross und Mann ein wenig ausschnaufen, wie es in einer Einsendung im «Allgemeinen Anzeiger» hiess.
Den ersten Wein, roten und weissen, sollen sie von verschiedenen Rebbauern im Moos gekauft haben, auch vom Blattenberg und von der Wacht bei Kobelwald.
Die Lieferanten waren: Hansbubafranzsepp, Zächlistoni und der sogenannte Alte Zächli.
Sie verkauften den Liter Roten für 45 Rappen.
Der für 35 Rappen verkaufte Weisse stammte von Klushans, Kapfhans und «Hintera» Ender.
Gekeltert wurde bei Hansabubafranzsepp mit einem schweren Torkelbaum.
Den ersten Tirolerwein kauften sie von einem Valentin Büchel, Tiotlis genannt, wohnhaft auf der Leue bei Rüthi,
der im Tirol Pferde kaufte, auf jeden Herbst auch ein Quantum Wein herausbrachte, und den Roten für 50 Rappen, den Weissen für 30 Rappen pro Liter zum Haus brachte.
In späteren Jahren haben sie den Wein auch andernorts gekauft, so in Röthis (Vorarlberg), Marbach, Balgach, Maienfeld, Jenins,
meistens von den Mühlen- und Sägenbesitzern, für die der Vater zu arbeiten hatte.
Die Weinpreise blieben während vielen Jahren dieselben. — Helles und dunkles Bier wurde nur an zwei oder drei Sonntagen im Sommer ausgeschenkt.
Ein Glas à 5 dl kostete 20 Rp.
Wie mir die Mutter oft erzählte, rentierte die Wirtschaft ganz ordentlich, hauptsächlich im Sommer,
weil sie direkt an der Durchgangsstrasse nach den Alpen und am Weg auf den Hohen Kasten lag, der damals sehr oft besucht wurde,
aber auch vom Vorarlberg und von Bregenz her kam Kundschaft.
Oft kamen sonntags Leute von allen Seiten her, um die neu erstellten Wasserräder von 5-8 m Durchmesser, die vor dem Hause auf dem sogenannten Schragen lagen, zu besichtigen.
Das waren noch Handarbeiten, die Wochen beanspruchten und die man heute nur noch selten sehen kann.
Das grösste Wasserrad, das von Vater und seinen zwei Brüdern Johann und Albert im Sommer 1889 gemacht wurde, war für die Mühle des Josef Forster im Mühltobel, Rüthi.
Es hatte einen Durchmesser von 8 1/2 m.
Der Windbaum dazu wurde zur gleichen Zeit gedreht, vor unserm Haus, ebenfalls von Hand, aus einem Eichenstamm von 4 m Länge und 80 cm Durchmesser.
Mit solchen und vielen andern Mühle- und Sägebauarbeiten verstrichen die Jahre, bis dann am Eidgenössischen Bettag vom 20. September 1890
beim grossen Brand von Rüthi-Moos auch unser Haus und Stall bis auf den Grund niederbrannten, samt allem gelagerten Holz, Heu und übrigen Vorräten.
Sämtliche Fässer im gewölbten Keller, sogar die gefüllten, verbrannten ohne Ausnahme, weil er nur durch eine Holztüre verschlossen war.
Von den 15-20 cm dicken eichenen Fasslagern war nichts mehr zu finden.
Hinter dem Hause verbrannten noch vier voll mit Obst behangene Obstbäume, deren Stämme 60 cm und mehr Durchmesser hatten, auf Hagpfahldicke nieder.
Es herrschte eine unvorstellbare Hitze, nicht zuletzt wegen dem gewaltigen Föhn, der zuvor schon mehrere Tage angedauert hatte.
Dazu herrschte schon längere Zeit starker Wassermangel. In ca. einer Stunde waren in Moos allein 75 Firste total niedergebrannt und damit 31 Familien mit 170 Personen obdachlos geworden.
Das Mobiliar, das man retten wollte, verbrannte ausserhalb der Häuser, denn der Wind brachte von Rüthi her Funken und brennende Dachschindeln in Schneeflockendichte —
eine böse, fast unglaubliche Situation!
Am Montagmorgen blieben überall nur riechende Trümmer übrig.
Das Haus unseres Grossvaters Franz Josef Mattle im Moos hingegen blieb verschont, weil ihnen noch etwas Wasser aus dem Mühlebach zur Verfügung stand und
ihnen die Feuerwehr der Stadt St. Gallen, die mit einem Extrazug nach Oberriet gekommen war, noch wacker mithalf.
Was wollte man nun beginnen?
Sofort ging »an auf die Suche nach einem behelfsmässigen Obdach.
Die einen wandten sich nach Kobelwald, andere nach Oberriet und Rehag, wo man Platz zu finden hoffte.
Wir bekamen eine Wohnung, wenn auch nur eine kleine, primitive bei unserer Base Waldburga,
oder besser gesagt bei Buckseppa Korneli, Armenvater, in Blatten, Oberriet, wo wir dann verblieben, bis unser neues Haus erstellt war.
Inzwischen gelang es dem Vater, die Räumung der Brandstätte von Schutt und Asche zu veranlassen.
Weil das erste Stockwerk unseres Hauses gemauert war, plante der Vater den Bau einer Baracke, und schon vier Tage später haben wir darin wieder gewirtet!
Das ging bis im Frühling 1891, wo dann die Bauerei begann.
Der anhaltende kalte Winter mit viel Schnee zögerte den Beginn der Arbeiten bis anfangs April hinaus.
Jetzt liess der Vater eine andere Baracke errichten, auf der andern Seite der Landstrasse,
auf dem von Augustin Mattle, Säger, gepachteten Boden.
Darin wurde eine Kostgeberei geführt.
Baumeister war Josef Ammann, genannt Wissasepp, ein prima Zimmermann von Beruf.
Die Möblierung entlehnte Vater im «Adler» in Oberriet, aus der alten Sust: grosse, alte Kreuzbeintische von 4 m Länge und ebenso lange Bänke.
Sobald mit der Bauerei begonnen wurde, war auch unsere Kostgeberei eröffnet, für etwa 35 Kostgänger,
bestehend aus Maurern, Zimmerleuten, Schreinern, Handlangern, und was sonst noch alles dazu gehörte.
(Denn der Wiederaufbau der nördlichen Dorfteile von Rüthi und des Oberrieter Weilers Moos beschäftigte viele auswärtige Arbeitskräfte. Der Herausgeber.)
Das Kostgeld betrug Fr. 1.60, gewiss, ein niedriger Preis für dreimal essen und dazu noch Znüni und Vesper, aber es ging halt eben etwas barackenmässig zu und her,
und doch waren alle froh und zufrieden.
Vater und Mutter und die angenommene verwaiste Tochter von Mutters Schwester, genannt Schrinersjocklis Bertha,
hatten vollauf zu tun mit Kochen und Führen der Wirtschaft.
Der wichtigste Fleischlieferant war die Metzgerei Gschwend von der Au, Eichberg, und für Kuhfleisch zahlte man um 60-65 Rappen das Pfund, für das Schweinefleisch 65-70 Rappen.
Unser Haus und Stall hatte der Vater dem Baumeister Eusebius Gächter bei der Kirche in Oberriet verakkordiert,
um Fr.17'500.—, ohne innere Vertäferung.
Damals glaubte alles, dies sei eine zu grosse Summe, welche in Kauf zu nehmen die meisten den Mut nicht gehabt hätten.
Nun kam leider noch etwas dazwischen: Der Baumeister Gächter erkrankte und starb gar schnell weg.
Nun hatte der Vater bereits eine Akontozahlung von Fr.1000.— geleistet.
Wie sollten wir das Geld zurückerhalten?
Gächter war nämlich etwas ärmer als man geglaubt hatte; er hatte eine grosse Familie, aber erst drei Söhne, die über zwanzig Jahre alt waren.
Einer von ihnen stand im Studium als Zahnarzt, der zweite war Junglehrer in Gais und der dritte Uhrmacher, der sein Geschäft in Gais erst vor kurzem eröffnet hatte.
Nach einer Unterredung mit meinem Vater nahmen nun diese drei Söhne die Sache an die Hand, und so konnten dann alle fünf Bauten, die Gächter übernommen hatte,
an einen andern Baumeister, ebenfalls Gächter mit Namen, vergeben werden.
Er wohnte in der Wirtschaft «zur Haltestelle» in Altach bei Götzis, Vorarlberg.
Die Anzahlung hingegen wurde zurückerstattet.
Der neue Baumeister stellte dann sofort den Vorarbeiter des Vorgängers ein, Josef Ammann, Zimmermann,
der schon oben genannte «Wissasepp», was dem Unternehmen sehr zustatten kam.
Ammann war ein ganz tüchtiger, zuverlässiger Zimmermann, Plankenner und auch sehr beliebter Polier.
Gächter brachte sofort etwa 25 Maurer und Handlanger, dazu 10 Zimmerleute und Schreiner über die Grenze, alles Tiroler,
Bregenzerwälder und Vorarlberger, unter der Führung von seinem Bruder Alex, Zimmerpolier, der dann die Bauten in Rüthi beaufsichtigte, was Wissasepp hingegen bei uns tat.
Da aber das Wetter schon längere Zeit ganz schlecht war, konnte erst in den letzten Tagen des Aprils mit Bauen begonnen werden.
Dann aber ging's erst recht los, von morgens 5 Uhr bis zum Einbruch der Dunkelheit wurde gearbeitet.
Die guten Maurer hatten bei dieser langen Arbeitszeit Taglöhne von Fr. 3.80 bis 4.10, die Handlanger von Fr. 3.50 bis 3.80, und die Zimmerleute etwa gleich viel.
Die Ziegel bezog man aus allen drei hiesigen Ziegeleien: Gebrüder Zäch, Gebrüder Lüchinger und Ziegelei Hylpert AG.
Das Bauholz, teils zugehauen, teils zugeschnitten, lieferten die Sägereien Häfeli in Sulz, Ess in Rankweil und zur Hauptsache Hans Frick in Rankweil,
für welche der Vater schon immer als Mühlemacher gearbeitet und auch von ihnen Holz bezogen hatte.
Der Stall war Mitte Juni 1891 schon fertig erstellt, das Haus jedoch erst auf den ersten August,
weil für die vielen Baustellen in Rüthi und Moos nicht genügend Ziegel geliefert werden konnten.
Zum Glück herrschte dann den ganzen Sommer hindurch herrliches Wetter, und so konnten die Arbeiten beschleunigt werden. —
Das Bauen ging eben wicht so schnell vorwärts wie heute, hatte man doch keine Betonmaschinen und Aufzüge;
es wurde alles von Hand gearbeitet: Ziegel, Pflaster, Holz mussten bis zuoberst getragen werden.
Anfangs August 1891 konnten wir einziehen.
Das Mauerwerk war zwar noch nicht trocken, und der innere Ausbau noch ganz fertig, aber man war froh, wenn wieder wusste, wo man zu Hause war.
Unser Wirtschaftsmobiliar, Tische, Bänke, Kästen, Bettstellen usw. wurden uns durch 2 Österreicher Schreiner von Götzis, Paul und Konrad Schwab von der «Taube», gemacht,
und zwar durchgehend nach Feierabend.
Die ganze Bauerei ging gut vonstatten.
Grössere Unfälle gab es keine, nur ein sogenannter Pflasterbub, der den ganzen Tag Pflaster in einer Blechbutte zum Kamin getragen hatte,
fiel, weil die sogenannte «Trappla» (Leiter) verrutschte, vom obersten Stockwerk durch alles Gebälk bis hinunter ins Restaurant, doch zog er sich dabei keinen Schaden zu!
Mit den Unfall- und Haftpflichtversicherungen war es damals noch schlecht bestellt.
Die meisten hatten keine oder höchstens eine unzureichende.
Nachdem nun die Bauerei und auch die Aufräumarbeiten fertig waren und der ganze Betrieb wieder bestmöglich geregelt war,
trieb der Vater sein Handwerk als Mühlemacher wieder weiter und hat noch manche grossen Mühle- und Sägebauten durchgeführt und noch manches grosse Wasserrad erstellt,
bis er dann im Frühling des Jahres 1912, infolge Unfall durch ein Fuhrwerk des in Rüthi wohnenden Dr. Gantner, teilweise arbeitsunfähig wurde,
und dies wegen fehlerhafter Behandlung des erwähnten Arztes.
Dazu erhielt er keinen Rappen Versicherungsleistung, weil der Arzt weder über Versicherung noch Vermögen verfügte.
Bis zu seinem Ableben am 22.Februar 1920 widmete er sich nach Möglichkeit noch der Arbeit in der Gaststätte und der von mir betriebenen Landwirtschaft.
Quelle: Chronik der Familie Zäch Mühlemacher (von Selin Zäch).
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