Landvogteireform 1626

Die Gesandten der eidgenössischen Orte erlassen im Rahmen einer Landvogteireform einen Abschied für das Rheintal zur Reduzierung vonVerwaltungs- und Gerichtskosten sowie zur Entlastung der Untertanen von ungerechtfertigten Abgaben.

Landvogteireform: Verwaltungsuntersuch und Verbot teurer Gastereien vom 25. Oktober 1626. Untersuch der Landvogteiverwaltung. Sie bescheinigt der Landvogtei- und Güterverwaltung ordnungsgerechtes Funktionieren, kritisiert aber die kostspieligen "Fressereyen und Mähler" bei jeder Gelegenheit und verlangen Remedur. Weitere Entscheide: Körperstrafen gehören nicht vor Malefizgericht, Jahrmärkte in Oberriet, Weggeld in Altstätten, Wappenfenster in die neue "Krone" in Rheineck.

Quelle: Staatsarchiv St. Gallen, CEA/D I.16; Abschrift im Kopierbuch CEB 3.3, S. 304-309

Landvogteireform, p. 1

Appenzell der Usseren Roden.

Abscheÿd des gehaltnen Conferentz
zu Rheinegg den 25/15 8bris
Ao 1626.

Die erste Angabe des Tages scheint nach dem Gregorianischen Kalender zu sein, die zweite Angabe nach dem Julianischen Kalender.

Copirb. No 2 folio 15b und 243.
Copirb. No 3 fol. 304 - 209

Landvogteireform, p. 2 und 3

Der Herren Gesandten Nammen.
Salomon Hirtzel statthalter buwher der Stadt Zürich,
Sebastian ab Yberg Landtaman zu Schweitz,
Heinrich Pfändler Landtaman zu Glaruß,
Martin Suter Landtamman zu Appenzell,
Conradt Zälwäger Landtaman zu usseren Roden deß
Landß Appenzell.

Abscheÿd deß gehaltenen Conferentz
tags zu Reineg Im underen Reinthal
Angefangen auff Sontag den 25/15 octobris
Anno 1626 ./.

Alß dann unßere gnedige Herren und Oberen, sowohl von Siben
alß auch den Acht alten Orten unser Eidtgenoschafft, In Ihren
gemeinen Vogtteÿen, die Ingerißene schädlige mißbrüch
abzustellen, die underthonen von den ufgeladnen und[er] scheiden=
lichen großen beschwerden zu erledigen, und in aller güete policeÿ
satz: und Ordnungen anzustellen, nothtrüngenlich ferursachet, und
in etlich. Vogteÿ. loblich Inß werkh gesetzt worden.

Wann nun gemeine Acht deß Reinthalß Regierende ort, im
gleiches In Ir Graffschafft Reinthal zu verrichten auß von Acht
ordten verordnet und abgesandt, so haben wir zuvorderst
alß wir zu Reinegg Im undern Reinthal angelangt, nach
verrichtung Eidtgenößischer salutation, und ein genommenen
bericht von unßeren Landtvogt, Landtschreÿber und Anderen daselbst
so daß Landtßerfahren & für unß bescheiden, unßer Hl: und Oberen
Lehen: Buw: und Zinßleüt zu erfahren, ob wolermelter unser
Hl: und obere, Eiger: Lehen: und Zinßgüeter noch unverendert
dem Urbahr gemäß zufinden & und alß wÿr die Lehen: und
Zinßbrÿeff gegen dem Urbahr halten und Collationieren Laßen
hat man alles grecht und vollkhommen befunden, Inmaßen
daß Jehrlich Inkhommen, in seinem alten thuen, bestendig dableÿbe.

Landvogteireform, p. 4 und 5

Diewÿll aber der Urbahr Alt und presthafft, so haben wir unser
Landtvogt und Landtschrÿber deß Reinthalß In bevelch [Befehl] geben,
denselbigen Zuernaüern, und in im guete und beßere form
zurichten, sollichen dan uf negstnommend badische Jahrrechnung
zur Conformation für die Herren Ehrengesandten ufzulegen und
zuerschinen.

Seitmahlen wir in Landvögts Rechnungen gefunden, daß
mit dem wein verehren wenig Dircretion gehalten, und gleich Jedem
ohno besondersheid verehret wÿrdt, so haben wir bevelch geben
daß man sich deßwegen aller bescheidenheit befleißen, und mit [nit]
Jedem der daher kombt, sonder allein denen uß den Eidtgnös=
ischen: sondlich aber uß den Regierenden und benachparten
orten dahin kommen, fürthin den wein praehemtieren [präsentieren?] soll.

Den Rebbauer belangend, dieweil wir nit Ghwonlich erachtet
etwaß enderung darin zu machen, so habend wÿrß beÿ der
alten ordnung, und gewonheit verbleÿben laßen.

So danna unßerß Erachtenß Jehrlich ein unnöttig mahl, uff
unßer Hl: und Oberen Costen den Zehen Mannen so in die
Räben gefüert worden, zuerfahren ob die Trauben zu wimble [?]
Reÿffe genueg s. gehalten worden, haben wir sollicheß fürterhin
abgestelt, also daß ein Landvogt söllicheß ohne unßer Hl: und
Oberen Costen. so eß je notthürfftig, möge erkhundigen Laßen.

Gleichergestalten haben wir auch daß mahl so denjenigen ge=
halten worden, welliche den Kornzehend Jahrlich uf dem Feld
geschezt haben, dergestalten Abgestelt, daß gleichwohl die
Schätzer Jahrlich die Schatzung wie bißher, gebrucht, thun sollen.
Dieweil aber ein Landvogt ein gulden, fürß Stuckh den
oberkheiten verrechnet, daß er bÿ die Schätzer ohne unßer
Herren und Oberen Cösten besolden oder daß mahl uß dem seinen
geben Jedoch sol er d. Schatzung fürohin beÿwonen, und selbsten
schon daß unßeren Hl: und Oberen nichtß verabsaumbt werden.

Demnach wir verstendiget worden, daß In Insamlung deß wieß=
so unßeren Hl: und Oberen, so wohl von eignen güeters alß Zehend
vil untrüw und gwehhr gebrucht wurde, haben wir unßerem
Landtvogt und Landtschrÿber deß Reinthals uferlegt, mit allem
fleÿß nachzutrachten, wie sÿ die Ordnung, welliche Ir fürstliches
gl: zu St: Gallen, alß Zehendherren In oberen Reinthal, In
samblung deßelbigen gebrucht, zur hand bringen könen, mit
Dem beurlich, daß so sich derselbigen In allem gemäß ver=
halten, aller untreüw Insoderheit die Fressereÿ und
Mähler abschaffen, und Jedem nach seiner Arbeÿt den Taglohn
wÿe eß der Fürst von St. Gallen In üebung hat, an gelt
geben sollen.

Wÿr haben auch gesezt und geordnet, daß alle straffbare
Sachen, mit allem dem Landtvogt, sonder auch dem Landtschriber
sollen angeben werden, und Jed dieselbige Ins gewüsse darzu
gemachtem buech, In verzeichnuß halten, und Jeder Zeit In
beÿd Buessen Copiert, und ganz nichtß darvon In verehrung

Landvogteireform, p. 6 und 7

Zog[en] sond[er] alles Specificierlich von pasten zu pasten, waß an einem
oder anders Orth eingenommen, und dargegen wiedumb ußgeben
worden, auch waß ein Jeder verfählt, und wie hoch, und wa=
rumb er gestrafft, In die Rechnung stellen soll, und harinnen
söllichermaßen verhalten, daß bÿ Ihre Rechnung. beÿ Ihrem
Eid erhalten mögen.

Wiewol biß hera ein Zeit Lang die Landtvögt Im Reinthall
vor Irem Abreißen In unßer herren und Obern Costen im Letzimahl
gehalten, daß uffßwenigist beÿ 50 gulden ufgangen,
seitmahlen wir sollicheß nit alle im überflüssig und unnothwendig
geachtet, sond auch daß der gleichen Letzimäler in keinen
ander Vogtteÿ uss der Obrigkheit Costen gestattet wordten,
Deß haben wur es auch allerdings aberkhandt, daß Inß künf=
tig deßwegen nichtß In der Rechnung solle passieret werden.

Ebenmessig haben wir auch daß Göttibrot Aberkhandt, weil
wir von den Ambtleüthen sovil brÿcht empfangen, daß sölliches
nit allein unnöthig, sond grosse unordnung verursache, und
brichtlich Ein Kind .(. wie eß sich aber ferndriges Jahrß schier
begeben ). möchte vertruckht werden.

Daß Kilbÿ mahl betreffendt, damit den Oberkheiten nit ein ge=
ringes Jehrlich ufgangen, soll fürbasshin ein Landtvogt den prie=
steren predikanten, Schuolmeistern und meßeren Jedem darfür geben
6 guet batzen und damit daß mahl allerdingen abgestelt sein.

Damit die Zimmer so unßeres Hl: und Ob: gehörig nit In Abgang
kommen, sollend die Landtvögt und Landtschreiber wolermelter
unßer Hl: und Obere huß zu Reinegg, und anderß so Ihen zustendig
In gueten beüwen und Ehren erhalten, wann aber Nambschaffte
beüw Zumachen fürfielen, sollen sÿ alzeit zu baden beÿ den
herren gesandten sich bevelches erholen.

Alß dann unßere underthonen von gemeinen 8. höffen deß Rin=
thalß, uns clagend schrifftlich fürgebracht, wann einer straff=
würdig und sich höcher vergreiffe dann die Satz: und ordnung
ußweÿßend, dass dann die Landvögt zu Zeiten ein hoch Satz gelt
gemacht, Item für thurnlößung Ehr, und gwer aber hoch und
stark gefahren, und derowegen umbgnedige milterung ge=
bedten, so haben wir daruff erkhandt gesezt und geordnet
daß fürterhin alleß Satz gelt in den Straffgrichten abgestalt sein,
wie zu gleich daß im Landtvogt dür die Thurnloßung Ehr und
gwer nit mehr dann 10 guldi, und dem Landtschreiber 2 guldi
geben, also daß sÿ weÿter und höcheres nit beschwerdt oder ge=
stigeret solls werden, damit aber ein Landtvogt in ge=
bürende ergetzlichkheit habe, soll er von den bursten, so weßeren
Hl: und Ob: fallent 10 von 100. od. 1 von 10. zu seinen Hand
nemmen und bezüchl. und dem Landtschreÿber von Feden Buossen=
gerÿcht ein guldi, von unßeren gl: Hl: und Ob: weg. wie vom
alten hero geben, Inmaßen daß unßerem undthonen obige beschwerde
und dero gelediget sein sollen, alß allein so ein Landtvogt

Landvogteireform, p. 8 und 9

und Landtschreiber uss sfäm und Stöß uf der parteÿl. Costen
bescheiden werden, Lassend wir eß beÿ dem alten bruch bestohn und
verbleiben.

Dieweill an den hochgrichten den Oberkheiten ein grosser überflüs=
siger uncösten Fedeßmahl mit des gehaltenen mählern
ufgangen, s haben wir geordnet daß an dem hochgricht zu Oberriedt
nit mehr dem 20. personen sÿthen, und daß Jedem wie auch
dem Prÿester für daß mahl. p. so wie hiemit fürthin Aber=
khandt .). ein halben guet guldi, und des Zeügen so darzu
gebrucht werden, Jedem für Lohn und mahl nit mehr dann
6. guotbatzen gegeben solle werden, damit sÿ sich vernüeg.
und sodtigen Laßen fälle.

In dem Altstedten Mallefizgricht, da bißhero in die 30.
personen gesessen, haben wir geordnet daß fürohin, allein
das Stadtgricht und der Rath .(. Irens selbsten anerbieten
nach .). nit mehr sitzen sollen, wellicheß sich in 16. personen
beläufft, und dieweÿl wir die mahlzeÿten gleichergestalten
abgestelt, soll Jedem darfür, wie ebenmessig dem Malle=
fÿtzrichtern zu Reinegg, so sich in 27. personen beläufft,
auch ein halb guodten guldi geben werden, dem Nachricht aber
sein Besoldung wir von alten hero geben werden. ./. Mit
der erläuterung daß die Imigen händel und sachen so nit
Lÿb und Leben berürrendt, alß an pranger stellen, mit Ruoten
ußhauwen, oder verpandtissieren und gergleichen nit für Male=
fÿtzgricht sollend gebracht, sonder allein vor dem ordenlichen
grÿcht, da die felbar person zu berechtigen für genommen und
abgemacht sollen werden ./.

Dÿsses alleß haben wir anderer gestalt, nit gesezt und ge=
ornet, dann uff Ratification und guotheissen außer
allerseits gl: hl: und Oberen, gemeiner 8. deß Rinthalß
Regierend Orten, denen wir In hand und gwalt bester=
massen referniert und der gestalten vorbehalten haben, daß
sÿ sollicheß minders, mehrens, od. anderst nach Irem belieben
verordnen unf aufstellen mögend.

Seitmahl wir umb Nachvolgende auß fürbrachte Sachen, von
unßeren hl: und Oberen nit instruiert und nit wüßen mögend
ob sich Jemandtß darab zubeschweren, alß haben wir selbige
In unßer Abschid genommen, wolermelten unßern hl: und Oberen
referendo heimbzubringen.

Erstlichen betreffendt daran von Reinegg und Chall, underthänig
Gÿdten daß man Inen 2. Stuock Räben, daß Fuchsloch und vordt=
büchel genannt, so vor Jahren uff gwüße Jahr, zu Baden,
deß Zehendenß grfreÿet worden, s. Dieweyl und die Jahr
nach nit verflossen, und die badische erkhandtniß vermag,
daß sÿ nach verfließung d. bestimbten Jahrren, so Innen
Etwaß fernerß angelegen, widerumb zu baden erschÿnen sollen,
so haben wir nit Inwilligen können, sondereß beÿ obiger
erkhandtnuß verbleiÿben Laßen.

Zum 2. daß die von Oberrÿedt begert daß man Innen Zu
denen biß hero gehabten 3. Jahrmärkhten, nach 3. od. 4. be=
willigen wölle, haben wÿrß auch Ingestelt, seitmahlen
man nit wüssen mögen, ob sich Jemandt darab zu beschweren
oder nit.

Landvogteireform, p. 10 und 11

Zum 3. Tag uff deren von Altstedten underthenig bidten, wiewohl
sÿ bißhero von Jedem Fuod ein batzen weggelt genommen,
dieweÿl aber die Fuod ungleich, daß man Innen von Jedem
Stuock 3. pfenig weggelt zu nemmen gnedig bewilligen wolle,
haben wir den beschwÿd ertheilt, daß sÿ sich mit der Nach=
parschaft deßwegen vergleichen sollen, so daß bescheche, und sich
dannehero niemand zu erlegenm od zu beschweren haben werde,
zweiflen wir nit, unßere hl: und Oberen werden allß dann Ire
Confirmation und bestadtigung darüber geben.

Sonsten dieweÿl und Jetzigen unßeres Landtvogt Im Rinthal,
Bartlino & Math des Raths zu underwalden, für daß
erste Jahr albereÿt, so wohl In Kornrechnungen und weÿn
Samlungen, wie auch Kilbÿ und mehr dergleichen, ehr und zuvor
wÿr Inß Land kommen, für über und nach altem Thuon, verrichtet
worden, so halten wir darfür eß werden unßer herren und Oberen
Imme für diß Jahr alles passieren und kein abbruch thuon
Laßen, dieweÿl er sich sonsten fleissig ehrlich und wohl ver= haltet.

So danne unßer Lÿeber getrüwer Anthoni Thuon wüest zuo
Reinegg beÿ der Crone unß umb unßer hl: und Oberen, Ehren=
wapen und fenster In sein mit grossen Costen, erneüeret,
würthuß angesprochen & diewÿl wir deßwegen kein
bevelch, haben wirs auch in Abschaÿd genommen, der zuvorsichtlich
hoffnung, weÿl diß ein huß und gelegenhait den grentzen
daß sowohl von heimbschen alß frönden ohne underlass und

starckh besuocht würdt, Eß werden außer hl: und Oberen die 8. deß Reinthalß Regierenden Orth unbeschwert
Imme In seinen unßerß erachtenß mit un ëblich begerren
ganz und gardig willfahren,

Actum Reinegg und Altstedten ut hujsza ./.

 

__________
Erstellt durch Daniel Stieger (letzte Nachführung am 5. September 2019)